Ab Ende September 2006 schrieb Petra:
"Das Leben ist ein Wettlauf, ein Fangenspiel mit dem Tod.
Die meiste Zeit meines Lebens rannte ich ihm leichtfüßig davon.
Ich lief einfach frei drauf los, mir dessen kaum bewusst, dass ich
nicht alleine lief.
Jetzt laufe ich mit dem Tod.
Mal ein paar Schritte vor ihm, mal fällt er zurück, dann holt er wieder auf.
Manchmal denke ich, ich kann nicht mehr weiterlaufen, will eine Pause
haben. Aber stehen bleiben heißt verlieren, sterben.
Manchmal gönnt er mir etwas Ruhe, dann joggen wir gemütlich unsere Strecke entlang. Dann wieder hetzt er mich wie ein Fuchs den Hasen. Einmal war er schon ganz nah, da hab ich seinen Atem im Nacken gespürt. Aber dann ist er gestolpert. Ein Arzt hat ihm einen Stein zwischen die Beine geworfen. Das tun sie öfters mal. Im Moment hetzt er wieder. Aber noch bin ich schneller. Und er mag das Rennen. Er läuft gerne, so wie ich. Aber wenn er mich gefangen hat, ist das Rennen vorbei. Für mich und für ihn. Und wir rennen gerne."
"Ein Herz, damit du lieben kannst.
Ein Stern, zum Davonfliegen.
Ein Kleeblatt für das Tüpfelchen Glück, dass man im Leben braucht."
"Gedanken, so viele Gedanken schwirren im Kopf herum.
Sie aufschreiben scheint komisch, sie sind nicht zu fassen.
Aber schreiben will ich doch, die weißen Blätter laden mich ein, nur der Inhalt will nicht kommen.
Es ist wie eine Barriere, der Kopf will seine Gedanken nicht aussprechen, nicht loslassen, aus Angst, sie könnten Gestalt annehmen.
Ich bin etwas müde, allgemein in mir drin. Nicht körperlich, sondern seelisch.
Ich war seit 1 Woche nicht mehr aus der Wohnung heraus. Morgen werde ich gehen, aber dann werde ich froh sein, auf der Couch zu sitzen. Ich fühle mich lustlos. Und habe Angst, vor meiner Schwäche. Ich will meine Grenzen nicht kennen, aus Angst, sie könnten zu nah sein.
Manche Dinge will man nicht wissen......“
„Was ist das Schicksal? Gibt es so etwas, wie einen Plan des Lebens, der schon feststeht mit unserem ersten Atemzug? Gibt es so eine Linie, die man hier etwas nach rechts, dort etwas nach links verschieben kann, die aber unweigerlich auf ihr eigens bestimmtes Ziel zuläuft?.......“
Nach einer 4tägigen ambulanten Chemotherapie Ende November 2006 stieg Petra das letzte Mal die Treppe zu unserer Wohnung hoch.
Und mit dem endenden Jahr ging es auch Petra immer schlechter.
Seit dem 1. Dezember 2006 konnte Petra das Haus selbstständig nicht mehr verlassen, da das Wohnen im 3. Stock alles verkomplizierte. Das Runter- und Hochtragen mit den Sanitätern schnürte ihr die Luft ab.
Petra schrieb im Dezember:
"Ich glaube, ich habe gar keine Angst vor dem Tod sein.
Nur vor dem Sterben.
Vor dem Weg dorthin.
Ich will klar im Kopf bleiben, aber bewusst miterleben will ich nicht.
Kann ich nicht einfach einschlafen und nicht mehr aufwachen?
Bald ist schon Weihnachten....
Das wird ein trauriges Fest. Wir müssen jetzt alle sehr stark sein."
Am 23.12.2006 bat Petra die Ärztin bei einem Hausbesuch um eine tiefe Sedierung im Falle einer weiteren Verschlechterung ihres Zustandes. Diese Bestätigung und eine Vorlage für den Notarzt bekam Petra vom Universitätsklinikum Essen schriftlich. Durch die Wirkung der Medikamente konnte Petra Weihnachten noch Besuch empfangen und etwas sprechen.

"Ein Neues Jahr hat begonnen. Wahrscheinlich mein letztes Jahr hier auf Erden. Die Daten passen gut 87 bis 07. Genau 20 Jahre. Das ist etwa 1/4 meines Lebens, wäre ich nicht krank geworden. Und 1/10 meines Lebens bin ich krank. Ich frage mich, wie lange ich noch durchhalte...
Die Dinge werden immer anstrengender. Am liebsten würde ich einfach einschlafen und sterben. Aber das wird mir wohl nicht vergönnt sein. Ich kann nur hoffen, dass das kommende Jahr für meine Freunde besser wird als für mich."
"Gott ist Liebe, Hoffnung, Glaube. Wenn es keine Menschen gibt, gibt es auch keine Liebe, Hoffnung, Glauben mehr. Gibt es dann noch Gott?"
"Sterben ist furchtbar anstrengend!
Vor allem wenn man sich dagegen sträubt. Ich versuche zu akzeptieren, aber es ist wie mit dem Universum. Man weiß, dass es unendlich ist, aber vorstellen kann man es sich nicht."
Selbst Besuch wurde immer anstrengender. Der Krebs hatte sich immer weiter ausgebreitet und ihr Kraft und Schlaf geraubt. Akupunktur und Massagen taten ihr gut.
"Soviel Blut.... Heute früh hab ich richtig Angst bekommen. Jetzt habe ich wieder so ein Zittern und Nervosität in mir. Wenn Mama massiert geht es, aber wenn sie aufhört kommt es nach einer Weile wieder.
Ich fürchte mich."
Am Dienstag, den 30.01.2007, bei einem Hausbesuch der Ärztin wurde über eine Sedierung zu Hause gesprochen. Donnerstag wollte man uns Bescheid geben. Es wurde Petra noch Blut abgenommen, denn bei Bedarf hätte sie sich einen Beutel Blut zu Hause geben lassen.
Dienstag nach 21 Uhr schrieb Petra:
"Ich baue so schnell ab.....
Lange wird´s nicht mehr dauern.
Den Februar schaff ich nicht mehr."
"Ich habe das Gefühl, alle denken für mich. Die Ärzte, Mama, Oma, A., alle. Manchmal ist es gut, manchmal nervts.
Ich kann meine Gedanken und Meinungen kaum noch vertreten. Gut, dass ich Mama vertrauen kann. Sie denkt fast immer das Richtige für mich."
Am Mittwoch, den 31.01.2007, vormittags musste nochmals Blut abgenommen werden. Sprechen konnte Petra vor Schwäche und Atemnot fasst nicht mehr. Petra ging es immer schlechter. Um ca. 16:50 Uhr kam die Ärztin zu uns nach Hause.
Am 31. Januar 2007 um ca. 18:10 Uhr wurde Petra von ihrem Leiden erlöst und starb auf dem Weg zum Krankenhaus. Um 20:45 Uhr wurde sie wieder nach Hause gebracht. Wir konnten alle von Petra Abschied nehmen. Am späten Nachmittag des folgenden Tages wurde sie dann in die Leichenhalle des Friedhofs überführt. Ich, ihre Mutter, habe sie begleitet und konnte sie auch täglich besuchen.
Wir werden sie alle vermissen. Für die Zurückbleibenden ist es immer am schwierigsten. Aber wir können darauf vertrauen, dass Petra an einem Ort gelangt ist, an dem es ihr jetzt besser geht.
Hier nun unsere Erinnerungen an Petra im Namen der Jahrgangsstufe 12:

Wir sind dankbar für die Zeit, die wir mit Petra verbringen und sie erleben durften. Wir kannten Petra nur kurz, doch haben wir sie stets in unseren Herzen bei uns. Nicht nur wir, sondern auch unsere Familien und Freunde, mit denen wir über Petra geredet haben, nehmen Anteil an ihrem Schicksal. Viele Mitschülerinnen sind ebenfalls berührt.
Wir haben Petra als fröhliches und lebenslustiges Mädchen kennen gelernt, das die Hoffnung nie aufgab. Als wir im Oktober 2006 noch mit Petra in ihrem Zimmer saßen, hatten wir sehr viel Spaß zusammen. So, wie wir lachten und gemeinsam Kuchen aßen, werden wir sie immer in Erinnerung behalten.
Ihre Hoffnung und die Art, mit der sie uns begegnet ist, bewundern wir sehr.
Wir hoffen und beten, dass Gott sie zu sich nehmen wird.
Petra ist für uns weiterhin Mitglied unserer Stufe.

Die Trauerfeier wurde noch mit Saxophone, Gitarren und Klavier von ihren Freunden gestaltet.
Als wir dem weißen Sarg zu Petras letzten Ruhestätte folgten lag auf dem Waldfriedhof Schnee.